Die Lebensmittelpanik, die man in den letzten Tagen beobachten konnte, kann dazu führen, dass innerhalb von Stunden die Marktregale geleert werden. Eine Verzögerung des Beginnes der Bestellung der Felder kann die Versorgung mit Lebensmittelprodukten während des ganzen Jahres gefährden.

Über die Maßnahmen, die unternommen werden müssen, um diese Bedrohungen zu verhindern, und über diesjährigen Aussichten für die nationalen Hersteller der Agrarproduktion sprach mit dem Korrespondenten des “Kommersant”, Alexander Tschernowalow, der Kommissarischer Minister für Agrarpolitik und Ernährung Mykola Prysjashnjuk vom 26.02.2014

- Wie verläuft die aktuelle Vorbereitung für die Felderbestellung?
- Heute, trotz der Lage im Land und der schwierigen Arbeitsbedingungen der Agrarverwaltung, gibt es keine Gefährdung für die Durchführung der Frühjahrsfeldarbeiten.

- Inwieweit sind die Landwirte mit Saatgut, Düngemittel sowie Kraftstoff- und Schmiermittel (KSM) versorgt?
- Wir haben gestern einen Besprechung durchgeführt und heute riefen die Regionen durch: weder quantitative, noch preisliche Probleme gebe es bei der Versorgung der Landwirte mit KSM, Düngemittel und Saatgut. Jetzt ist die Bereitschaft zur Felderbestellung sogar höher als in den Vorjahren. Mit Saatgut sind die Landwirten versorgt zu 110 %, mit KSM – 70%, mit Düngemittel – 80%.

- Wie hoch sind Ausfälle beim Wintergetreide?
- Nach unseren Schätzungen, nicht mehr als 500 Tsd. ha (von 7,8 Mio. ha – “Kommersant”). Dies liegt unter dem Durchschnitt der letzten 10 Jahre. Deshalb, wenn die Temperatur nicht unter -7°C fällt, wird es keine Gefahr für das Wintergetreide geben. Auf der Krim hat bereits die Aussaat von Sommergetreide begonnen, und wir hoffen, dass in der nächsten Zeit die Frühjahrfeldarbeiten in allen südlichen Regionen beginnen.

- Wird sich die Struktur der angebauten Kulturen 2014 ändern?
- In der aktuellen Saison wird unter Getreide 16,8 Mio. ha bestellt werden. Aber die Struktur wird sich etwas ändern: der Maisanbau wird sich von 300 auf 400 Tsd. ha erhöhen; gleichzeitig reduzieren sich die Flächen für Roggen und Winterweizen.

- Erfühlt die Ukraine ihre vertraglichen Verpflichtungen gegenüber ausländischen Geschäftspartnern?
- Diese erfühlt sie in vollem Umfang. Wenn wir über die Staatliche Lebensmittel- und Getreide Gesellschaft sprechen, so ist diese verpflichtet in diesem Wirtschaftsjahr 4 Mio. t Getreide zu liefern. 2,7 Mio. t davon wurden bereits geliefert, es bleiben noch 1,3 Mio. t. Eine Gefahr für die Umsetzung des Zeitplanes gibt es nicht.

- Sind die restlichen 1,3 Mio. t Getreide bereits aufgekauft?
- Die Hälfte ist bereits erworben.

- Hat die Ukraine die zweite Tranche der chinesischen Darlehen, wie Ende 2013 erwartet, bekommen?
- Die erste Tranche in Höhe von 1,5 Mrd. USD ist im Dezember 2012 eingegangen. Die zweite Tranche haben wir noch nicht erhalten. Diese Tranche wird beim Aufkauf von chinesischen Waren mit einem Wert von 1,5 Mrd.USD zugeteilt. Bis jetzt haben wir keine Produkte gefunden, die unseren Qualitätsanforderungen entsprechen. Deshalb befindet sich das Geld jetzt auf den Konten der chinesischen Export-Import Staatsbank.

- Welche Art von chinesischen Produktion könnten ukrainischen Landwirte kaufen?
- In erster Linie sind das die Pflanzenschutzmittel, von denen die Ukraine 90% des Inlandverbrauchs importiert. Außerdem verhandeln wir über die gemeinsame Produktion von chinesischen Getreidetransportern mit den Kapazitäten ukrainischer Lastwagenhersteller. Es geht um einen kombinierten Zusammenbau. Darüber hinaus diskutieren wir die Fragen des Baus von Schiffen der Klasse “Fluss-Meer” in China, um die logistischen Möglichkeiten des Getreidetransports auf dem Dnepr voll nutzen zu können. Es laufen aktive Verhandlungen über den Bau von Schiffen des Typs Panamax.

- Ist der Agrarfond nun in der Lage seine grundlegende Funktionen zu erfühlen – die Preise auf dem ukrainischen Lebensmittelmarkt zu regulieren?
- Nach der Reorganisation wurden dem Agrarfonds zwei Funktionen übertragen: Wareninterventionen, um die Preissituation zu regulieren und Getreidebevorratung. In Zeiten erhöhten Mehlbedarfes, als Reaktion auf die jüngsten Ereignisse in dem Land, gelang es dem Agrarfond das Angebot auf dem Markt um drei-vier Mal zu erhöhen. Durch die neu geschaffene Struktur “Agrofinleasing” werden neue Finanzdienstleistungen für die Landwirte angeboten werden. Sie werden bis zu 30 % der Kosten der angekauften Technik erhalten können.

- Über welche Mittel verfügt jetzt der Agrarfonds?
- Wenn ich mich nicht irre, befindet sich im Umlauf des Fonds ein Betrag in Höhe von 4 Mrd. USD.

- Und wenn dringende Intervention gebraucht werden?
- Darüber hinaus steht dem Fonds 1,2 Mio. t Getreide, Grütze, Mehl – alle nötigen Reserven zur Verfügung.

- In der letzten Zeit gab es Berichte über neue Ausbrüche der afrikanischen Schweinepest. Wie sieht die Sache mit der Lokalisierung der Erkrankung aus?
- Schlecht. Wir halten uns mit Mühe und Not. Das Gebiet Lugansk ist unter Quarantäne gestellt. Leider ist die afrikanische Schweinepest nun auch in der EU aufgetaucht – in Polen. Wir sind umzingelt. Gut, dass die Krankheit bisher nicht die Haustiere bedroht, sondern nur die Wildtiere. Wildschweine wandern aber ohne Grenzen. Deshalb haben wir uns entschlossen, die Wildschweine in Lugansk auf 100 % auszurotten.

- Kann dies zu einem vollständigen Verbot des Exports von ukrainischem Schweinefleisch führen?
- Bis jetzt haben wir ein vollständiges Verbot von der Russischen Föderation. Es werden Verhandlungen geführt über die Erlaubnis der Ausfuhr nach Russland aus den Regionen, die von der afrikanischen Schweinepest nicht bedroht sind.

- Wie viel Zeit und Mittel werden benötigt, um voll und ganz mit dieser Krankheit fertig zu werden?
- Diesen Virus ist sehr schwierig zu überwinden. So hat Russland bereits 100 Mrd. RUB zur Bekämpfung und Beseitigung der Folgen ausgegeben. Aber bis jetzt, gibt es in diesem Land keine Anzeichen, dass die Krankheit lokalisiert wurde. Unsere Aufgabe ist, die Situation unter Kontrolle zu halten, zu überwachen und hart und schonungslos, vor allem schnell im Falle eines Ausbruchs zu handeln.

- Welche Wirkung hat die Situation mit der Schwächung der nationalen Währung auf den Lebensmittelmarkt? Wozu kann diese führen?
- Preisschwankungen, die jetzt zu sehen sind, sind etwas mehr als im vorherigen oder vorvorherigen Jahr. Sie werden durch die Abwertung des Griwna und damit durch einen Anstieg der Preise für importierte Produkte verursacht. Natürlich hat auch die Erhöhung der Preise für Kraftstoffe und Pflanzenschutzmittel Auswirkungen auf die Preise für Agrarprodukte.

- Wurde die Prognose für den Getreideexporte andeändert?
- Die Prognose wurde nicht verändert – etwa 32-33 Mio. t.

- Was unternimmt das Ministerium, um den Export der Unternehmen Roshen und “Myronyvskyy Hliboprudukt” nach Russland wieder aufnehmen zu können?
- “Myronyvskyy Hliboprudukt” hat alle Anmerkungen behoben. Bezüglich Roshen, so sprach ich gestern mit dem Management des Unternehmens, als auch mit Vertretern der Russischen Föderation. Die Situation ist noch unklar.

- Was ist das Problem? Wann wird diese gelöst?
- Das Problem ist alt und verständlich. Heute wollen wir konkrete Kommentare und konkrete Anforderungen bekommen, die uns aber nicht übergeben werden. Bezüglich “Myronyvskyy Hliboprudukt” haben wir uns mit der russischen Verbraucherschutzbehörde geeinigt, dass unser Amt, im Falle neuer Anmerkungen direkt informiert wird, so dass die Verletzungen von Vorschriften ohne weitere Prüfung des Veterinäramtes beseitigt werden können. Ich bin der Meinung, dass dies der richtige Ansatz ist. Wenn Lieferungen von diesem Unternehmen vollständig verboten würden, dann dauert es rund sieben Monate um den alten Sachverhalt wieder herzustellen.

- Wann fangen die Lieferungen an – diese oder nächste Woche?
- In einer halbe Stunde werden bei mir die Geschäftsführer des “Myronyvskyy Hliboprudukt” sein und mir sagen wenn sie bereit sind.

- Und wann wird ukrainische Fleischproduktion auf den China- und andere asiatischen Märkten geliefert?
- Eine Gruppe von chinesischen Veterinären arbeitet gerade jetzt in der Ukraine. Bis März werden sie mit den Aktivitäten der lokalen Unternehmen vertraut gemacht. Ich hoffe, dass in einem oder eineinhalb Monaten unsere Unternehmen alle erforderlichen Genehmigungen erhalten.
Wir haben auch große Erwartungen an den Markt in Saudi Arabien, wohin wir die Fleischproduktion in den vergangenen acht Jahren nicht liefern konnten. Um diese Lieferungen, vor allem Rind-und Schweinefleisch, wieder aufzunehmen, gilt es die Ausfuhrzölle für lebende Tiere abzuschaffen.
Sobald die Werchowna Rada dies genehmigt, werden sich uns riesige Märkte des Nahen Osten und der Persischen Golfregion öffnen. Sobald die Arbeit des Parlaments wieder normal verlaufen wird, werden wir versuchen dieses Problem zu lösen.

- Ist in diesem Jahr eine Steigerung der Preise für Alkohol zu erwarten?
- In diesem Jahr erwarten wir Preissteigerungen für Alkohol, sondern ein Wachstum der Produktion und vor allem – eine Steigerung der Ausfuhren. Und ich plädiere dafür, dass die Preise für Alkohol reduziert werden und der Export beginnt.

- In welchen Ländern könnte wir Alkohol exportieren?
- In die GUS Länder. Bisher haben wir es auf die europäischen Märkte geliefert.

- In diesem Jahr hat das Gesetz über die obligatorische Beimischung von Biokraftstoffen im Benzin nicht funktioniert. Dabei wurden die Betriebe teilweise für die Herstellung solcher Produktion modernisiert. Was wird mit ihnen passieren?
- Unsere Unternehmen sind bereit die notwendige Menge von Bioethanol zu liefern, um die Norm im Benzin auf einem Niveau von nicht weniger als 5% zu erfüllen. Aber leider können die Kraftstoffunternehmen diese Bedingung noch nicht erfüllen, besonders gilt dies für importiertes Benzin.

- Glauben Sie, dass im laufenden Jahr, die obligatorische Norm funktionieren könnte?
- Das wird passieren sobald das Ministerium für Energie die notwendigen Schritte dazu unternehmen wird. Und wir werden dies in jeder Sitzung des Ministerkabinetts einfordern.

- Im vergangenen Jahr sagten Sie, dass das Ministerium Gesetzesänderungen vorbereiten hatte, die die Produktion und Verkauf von GVO-Saatgut in der Ukraine erlauben werden. Wann könnte solche Produktion auf den Markt gebracht werden?
- Wir erwarten dies gerade. Bis wir die volle Zustimmung aller Landwirtschaftsverbände und eine Begutachtung durch die Akademie der Wissenschaften über alle Vor- und Nachteile dieser Produkte erhalten, wird die Entscheidung nicht getroffen werden. Der Prozess verzögert sich.

Quelle Datum: Kommersant vom 26.02.2014. Foto: Gjabu

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