IMG 9652Am 31.05.2016 hatte der Deutsch-Ukrainische Agrarpolitische Dialog (APD) zu einem technischen Arbeitstreffen über die Modellierung des Agrarsektors der Ukraine mit dem Modell AGMEMOD eingeladen.

AGMEMOD ist ein ökonometrisches dynamisches partielles Gleichgewichtsmodell, welches den Einfluss von Politikszenarien auf die Entwicklung des Agrarsektors in den EU Ländern sowie auch in der Ukraine analysiert.

Die Veranstaltung wurde von der stellv. Ministerin des Ministeriums für Agrarpolitik und Ernährung (MAPE) der Ukraine eröffnet. Frau Rutytska betonte das Interesse des MAPE an einer Analyse der Auswirkungen der in der "Strategie der Entwicklung des Agrarsektors und der ländlichen Räume der Ukraine 2015-2020" formulierten agrarpolitischen Reformansätze. Noch wichtiger sei die Bereitstellung der Modellgrundlagen für die direkte Benutzung durch das MAPE, für die Bewertung aktueller Reformvorhaben. „Der geplante Bericht des APD „Projektionen der Entwicklung des Agrarsektors der Ukraine bis 2030“ ist für das MAPE von außerordentlicher Bedeutung. Wir sind zur Kooperation z.B. bei der Datenbeschaffung und beim Aufbau von Kapazitäten für eigene Modellberechnungen bereit, z.B. über die nachgeordneten wissenschaftlichen Institute des MAPE", sagte Rutytska.

Anwesend waren rund 30 Vertreter, Spezialisten und Experten aus der Verwaltung, der Wissenschaft und der Agrarwirtschaft. Die Expertin des Gemeinsamen Forschungsinstituts der EU Kommission, Guna Salputra, präsentierte die Vorgehensweise ihres Instituts bei der Modellierung von Politikszenarien der Gemeinsame Agrarpolitik im Auftrag der EU. Sie verwies auf die Vorzüge von AGMEMOD bei der Analyse von Förderprogrammen, die in der EU eine wichtige Rolle spielen (Präsentation).

IMG 9648Danach informierte Herr Oleksa Stepaniuk, APD, über den aktuellen Arbeitsstand und die vorläufigen Ergebnisse der Modellberechnungen für die Szenarien „Baseline“ (ohne Veränderungen in der Agrarpolitik) und „optimistisch“ (unter der Annahme optimaler Rahmenbedingungen). Weiterhin demonstrierte Herr Stepaniuk die Software des Modells AGMEMOD. Die Ergebnisse für das Baseline Szenario erscheinen nachvollziehbar, während beim „Optimistischen“ Szenario, entgegen der Arbeitshypothese, keine Verbesserung der Performance des Agrarsektors nachgewiesen werden konnte. Hier sind weitere Untersuchungen notwendig, um die entscheidenden exogenen Faktoren zu identifizieren und in die Methodik zur Beschreibung der Projektionen einzubauen. Als eine Alternative wurden das Investitionsvolumen und die Rückflussdauer diskutiert, die im Agrarbereich, insbesondere in der Pflanzenproduktion relativ kurz ist. Allerdings erscheint die Berücksichtigung von Kapitalströmen in AGMEMOD kompliziert (Präsentation).

Von den Vertretern des MAPE wurde ein Schwerpunkt auf die sozialen Aspekte der Entwicklung der Landwirtschaft im ländlichen Raum gelegt. Die hohe Produktivität der Agrarholdings führt zur Freisetzung von Arbeitskräften und trägt zur Migration vom Land in die Stadt bei. Die Entwicklung der ländlichen Räume sollte ein wesentliches Element der Modellierung der nachhaltigen Entwicklung des Agrarsektors in der Ukraine mit dem Modell AGMEMOD sein.

Frau Mariia Bogonos stellte im Anschluss die Ansätze zur Modellierung spezifischer agrarpolitsicher Szenarien vor. Insgesamt ist vorerst die Modellierung von vier Politikszenarien angedacht: (a) Förderung des Agrarsektors, (b) Deregulierung, (c) Privatisierung der staatlichen landwirtschaftlichen Flächen und (d) Aufhebung des Moratoriums über den Landhandel. Die Arbeit am Politikszenario zur Darstellung der langfristigen Auswirkungen von Fördermaßnahmen ist besonders weit vorangeschritten. Dieses Szenario lässt sich relativ einfach mit AGMEMOD umsetzen. Auch hierzu müssen konkrete politische Parameter, möglichst durch das MAPE, festgelegt werden. Erste Ergebnisse werden im Rahmen der nächsten Sitzung der Arbeitsgruppe vorgestellt werden. Frau Bogonos verwies auch detailliert auf die Herausforderungen bei der Beschaffung der erforderlichen Daten mit einer ausreichenden Vertrauenswürdigkeit. An dieser Stelle offenbarten sich erneut die signifikanten Defizite in der Agrarstatistik (Präsentation).

Im Rahmen der Diskussion wurden wichtige Hinweise zur Methodik, zur Formulierung und Modellierung von Politikszenarien, zur Datenbeschaffung und zur Präsentation der Ergebnisse gegeben, die bei der weiteren Umsetzung des Projekts berücksichtigt werden. Der Leiter der Referats für Ernährungswirtschaft des MAPE, Herr Moroz, und Leiter der Referats für Ausbildung und Wissenschat des MAPE, Herr Stefanovych, erklärte sich bereit, bei der Bereitstellung fehlender Daten zu helfen. Herr Nivyevskyi, Institut für Wirtschaftsforschung und Politikberatung, schlug vor, die AGMEMOD-Ergebnisse mit den Ergebnissen anderer Projektionen der Entwicklung des Agrarsektors in der Ukraine zu vergleichen und zu bewerten. Die Vertreterin des Verbandes Agrarunion der Ukraine, Frau Starikova, informierte über eigene Analysen des Verbandes zum Einfluss von staatlichen Fördermaßnahmen auf die verschiedenen Agrarbetriebe, und betonte ihr Interesse an der weiteren Zusammenarbeit.

IMG 9681Während der Diskussion kam zu Ausdruck, dass sich nicht alle geplanten Politikszenarien mit AGMEMOD analysieren lassen. Da der geplante Bericht "Projektionen der Entwicklung des Agrarsektors der Ukraine bis 2030" alle wichtigen Politikszenarien aus der "Strategie der Entwicklung des Agrarsektors und der ländlichen Räume in der Ukraine 2015-2020" enthalten soll, wird der Bericht in zwei Teilen erarbeitet werden: über die Modellierung mit AGMEMOD werden die Szenarien „Baseline“, „Optimistisch“ und „Förderprogramme“ analysiert; die Projektionen für die Szenarien „Deregulierung“, „Aufhebung des Moratoriums über den Landhandel“ und „Privatisierung der staatlichen landwirtschaftlichen Flächen“ werden über anderweitige Expertenanalysen erarbeitet werden.

Während die Regionalisierung bei der Anwendung von AGMEMOD aus technischen Gründen wichtig erscheint, ist die Strukturierung des Modellansatzes nach Betriebsgrößen bzw. -typen vor dem Hintergrund differenzierender Politikszenarien von besonderer Bedeutung für die Ukraine. Gleichzeitig wurde dieser Ansatz mit Blick auf die offensichtlichen Defizite bei der Datenbeschaffung in Frage gestellt. Zu diesem Thema wurde diskutiert, dass die Einführung des Farminformationsnetzes für Landwirtschaftliche Buchführungen (FADN), nach dem Vorbild der EU, die Datenverfügbarkeit für Modellberechnungen in der Ukraine mittel- bzw. langfristig wesentlich verbessern würde. Hier wären Anstrengungen des MAPE zur Einrichtung eines speziellen EU-Projekts sehr hilfreich.

In einem nachfolgenden Gespräch im MAPE mit der stellv. Ministerin, Frau Rutytska, informierte die Expertin des Gemeinsamen Forschungsinstituts der EU Kommission, Frau Salputra, über die Nutzung von AGMEMOD für die Bewertung von Förderszenarien im Rahmen der Gemeinsamen Agrarpolitik der EU. Sie empfahl die regelmäßige Erarbeitung und Veröffentlichung von "Projektionen der Entwicklung des Agrarsektors der Ukraine", um auf dieser Grundlage die aktuellen Politikvorhaben gemeinsam mit den verschiedenen Interessenvertretern zu bewerten und evtl. neu auszurichten. Frau Rutytska stimmte dem zu und äußerte den Wunsch möglichst schnell konkrete Berechnungen mit AGMEMOD im Auftrag des MAPE durchzuführen.

Das nächste technische Treffen der Arbeitsgruppe ist am 01.08.2016 in Kiew geplant. Bis dahin wird der APD kleine Konsultationen mit Experten zu den angesprochenen Themen aus der Diskussion führen. Die aktive Einbeziehung der Agrarwirtschaft bleibt weiterhin ein wichtiges Anliegen.

Quelle: APD. Foto: APD. Datum: 31.05.2016

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