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APD-Fachdialog Boden: Bodenschutzbezogene Rechtsetzung und Strategien in der EU

Vor dem Hintergrund der ukrainischen EU-Beitrittsbestrebungen und unter Berücksichtigung des in der Ukraine andauernden Krieges führte der APD-Fachdialog Boden (FDB) am 04.05.2023 eine Online-Diskussionsveranstaltung „Bodenschutzbezogene Rechtsetzung und Strategien in der Europäischen Union“ durch.

Im Fokus der Veranstaltung stand die Vorstellung des im Auftrag des FDB von Dr. Andrea Beste, Leiterin des Büros für Bodenschutz und ökologische Agrarkultur in Mainz, verfasste Paper „Bodenschutzbezogene Rechtsetzung und Strategien in der Europäischen Union (Stand 2022)“ (abrufbar unter: www.apd-ukraine.de/images/2023/BVVG/Bodenschutz_Rechtsetzung/Bodenschutz_Rechtsetzung_EU_de.pdf)

Eröffnet wurde die Veranstaltung vom stellvertretenden Direktor der Abteilung für Agrarentwicklung und Leiter des Referats für Landwirtschaft und Pflanzenbau im Ministerium für Agrarpolitik und Ernährung der Ukraine, Andrij Krawtschenko. In seinem Grußwort betonte er, dass die ukrainische Regierung dem Thema Bodenschutz eine wachsende Bedeutung beimisst. Das hat zum einen mit dem aktuellen Kriegsgeschehen und der dadurch bedingten Bodenkontamination zu tun. Zum anderen spielen dabei die Bemühungen der Ukraine, die nationale Gesetzgebung an die EU-Vorschriften schnellstmöglich anzupassen, eine wichtige Rolle. Herr Krawtschenko machte deutlich, dass die Kampfmittelräumung auf Agrarflächen des Landes augenblicklich die höchste Priorität darstellt und stellte eine Reihe von ressortübergreifenden Programmen in diesem Bereich vor.

Dr. Andrea Beste stellte die aktuelle Situation der landwirtschaftlichen Böden in den EU-Ländern vor und warf einen kritischen Blick auf die Genese der europäischen Bodenschutzgesetzgebung. Frau Beste betonte, dass vor dem Hintergrund des fortschreitenden Klimawandels die Herausforderungen im Zusammenhang mit der Bodendegradation, Bodenverschmutzung und Bodenversiegelung immer akuter werden. Die EU-Kommission habe zwar 2021 eine Bodenschutzstrategie vorgestellt und für das aktuelle Jahr angekündigt, einen Legislativvorschlag zur Bodengesundheit zu erarbeiten. Dennoch gebe es bis heute auf der EU-Ebene kein Bodenschutzgesetz. Auch auf nationaler Ebene fehle häufig die regulatorische Übersicht. Nur eine sehr begrenzte Anzahl an EU-Mitgliedstaaten habe laut Frau Beste eine umfassende Bodenschutzpolitik. Die darauf basierende Gesetzgebung beschränke sich jedoch oft auf die Regelung der Bodenverschmutzung und –versiegelung.

Frau Beste erläuterte den Zusammenhang zwischen der EU-Bodenschutzstrategie und dem von der EU-Kommission noch zu erarbeitenden Bodengesundheitsgesetz zum Europäischen Green Deal einschließlich der Farm to Fork Strategie. Sie stellte darüber hinaus die bodenschutzrelevanten Regelungen und Strategien, unter anderem die Nitratrichtlinie, Pestizidrichtlinie, Wasserrahmenrichtlinie, Klärschlammrichtlinie, die Gemeinsame Agrarpolitik und den Zero Pollution Aktionsplan der EU vor.

Frau Beste wies darauf hin, dass landwirtschaftliche Böden in Europa stark von Bodendegradationsprozessen geprägt sind. In der EU gingen jedes Jahr allein durch Wassererosion etwa 1 Milliarde Tonnen fruchtbarer Boden verloren. 83% der landwirtschaftlichen Böden seien zudem mit Pestizidrückständen belastet. Die Bodenversiegelung führe in der EU jedes Jahr zum Verlust von mehr als 1000 Quadratkilometern produktiver Fläche. Insgesamt koste die Bodendegradation die EU jedes Jahr mehrere Zehnmilliarden Euro. Humusschwund, chemische Kontaminationen, Bodenverdichtung sowie der Rückgang der Bodenbiodiversität würden maßgeblich einer zu intensiven Bodennutzung zugeschrieben. Frau Beste plädierte für ein Umdenken innerhalb der EU-Mitgliedstaaten. Eine einheitliche Bodenschutzstrategie in der EU sei dringend erforderlich. Die Politik müsse die naturwissenschaftlichen Fakten anerkennen und die Agrar- und Umweltpolitik auf die Förderung der Biodiversität, des Boden- und Klimaschutzes ausrichten.

In der anschließenden Podiumsdiskussion, an der Prof. Dr. Yuriy Zaitsev, Generaldirektor des staatlichen Instituts für Bodenschutz der Ukraine, Prof. Dr. Yosyp Dorosh, Direktor des Instituts für Landnutzung der Nationalen Akademie der Wissenschaften der Ukraine und Prof. Dr. Andrii Achasov, Stellv. Leiter des Fachbereichs Ökologie und Umweltmanagement am Pädagogischen Institut für Ökologie der Nationalen Universität Charkiw teilnahmen, schilderten die Podiumsteilnehmer die Herausforderungen, mit denen die Ukraine im Bodenschutzbereich angesichts des Krieges konfrontiert ist. Dabei hoben die ukrainischen Vertreter die Bedeutung einer stärkeren Einbindung der wissenschaftlichen Expertise in die Politikgestaltung vor dem Hintergrund der Annäherung an die EU-Gesetzgebung im Bodenschutzbereich hervor und bekundeten ihre Bereitschaft, im Rahmen der EU-Annäherung mit der Regierung aktiv zusammenzuarbeiten. Laut Prof. Achasov sollten Daten und Forschungsergebnisse zur Basis einer evidenzbasierten Politik werden, gerade, wenn es darum geht, die Kontamination der landwirtschaftlichen Böden zu erfassen und die Agrarflächen wieder für die Bewirtschaftung freizugeben.

An der Veranstaltung nahmen insgesamt rund 80 Teilnehmenden teil, darunter Vertretende von staatlichen Institutionen, Behörden, kommunalen Einrichtungen, wissenschaftlichen Instituten, Hochschulen, Verbänden, Agrarbetrieben und Medienunternehmen. Das große Interesse zeigte sich auch an vielen Fragen und regen Diskussionen, welche von Katja Dells, Leiterin des APD-Fachdialogs Boden, moderiert wurden.

Quelle und Foto: BVVG

Datum: 04.05.2023

04.05.2023