Vor dem Hintergrund des in der Ukraine andauernden Krieges führte der APD-Fachdialog Boden am 08.09.2023 eine Diskussionsveranstaltung „Bodenschäden durch Kampfhandlungen: Umfang, Auswirkung, Sanierung. Situation in der Ukraine und Fallbeispiele aus Deutschland“ durch.

Eröffnet wurde die Veranstaltung durch den Vizeminister für Agrarpolitik und Ernährung der Ukraine, Markijan Dmitrasewitsch. In seinem Grußwort wies er auf das immense Ausmaß der Kontamination durch Kampfmittel hin und stellte die Bemühungen der ukrainischen Regierung bei der Entminung vor. Vizeminister Dmitrasewitsch würdigte die Unterstützung der internationalen Gemeinschaft und bedankte sich ausdrücklich für die Organisation der Veranstaltung.

In der anschließenden Präsentation stellte Anastasiia Splodytel, wissenschaftliche Mitarbeiterin am Semenenko-Institut für Geochemie, Mineralogie und Erzbildung der Nationalen Akademie der Wissenschaften der Ukraine, die Ergebnisse der durch die ukrainische Nichtregierungsorganisation Ecoaction erstellten Studie „Auswirkungen des russischen Angriffskrieges auf den Zustand der ukrainischen Böden“ vor (Zusammenfassung auf Englisch abrufbar unter: https://en.ecoaction.org.ua/wp-content/uploads/2023/05/impact-on-soil-russian-war.pdf;vollständige Studie nur auf Ukrainisch unter https://ecoaction.org.ua/wp-content/uploads/2023/03/zabrudnennia-zemel-vid-rosii-full3.pdf). Als Koautorin der Studie erläuterte Frau Splodytel, welche durch Kriegshandlungen entstandenen Bodenschäden es gibt, wie diese qualitativ sowie quantitativ zu bewerten sind und welche Maßnahmen zur Wiederherstellung der Funktionsfähigkeit von kontaminierten Flächen ergriffen werden könnten.

Prof. Dr. Svyatoslav Balyuk, Direktor des ukrainischen Instituts für Bodenkunde und Agrarchemie-Forschung, präsentierte die Forschungsergebnisse des von ihm geleiteten Instituts in Bezug auf die Erfassung der Bodenschäden durch Kriegshandlungen. Nach Berechnung seines Instituts gelten schon jetzt ca. 30 Prozent der nährstoffreichen Schwarzerde-Böden der Ukraine als kontaminiert. Dringend erforderlich seien eine großflächige Untersuchung der Böden, Einführung eines flächendeckenden Bodenmonitorings sowie Etablierung von modernen Bodeninformationssystemen. Prof. Balyuk plädierte für die Verabschiedung eines modernen Bodenschutzgesetzes in der Ukraine, das die europäischen Erfahrungen reflektieren und im Einklang mit der EU-Gesetzgebung stehen würde.12 3

Prof. Dr. Wolfgang Spyra, Professor Emeritus für Altlasten an der brandenburgischen Technischen Universität Cottbus, zeigte in seiner Präsentation anhand von zahlreichen Beispielen aus Deutschland und anderen Ländern die methodischen Ansätze zur Kampfmittelräumung und Flächensanierung auf. Laut Prof. Spyra sei jeder Fall chemischer oder biologischer Belastung ein Einzelfall und bedarf deshalb einer gesonderten Betrachtung. Wichtig sei aber, schon jetzt Gefährdungsabschätzungen vorzunehmen und die kampfmittelbelasteten Gebiete systematisch in einem Kompendium zu erfassen. So soll perspektivisch die Effizienz der Räumung gesteigert und die Flächen für die Bewirtschaftung rascher freigegeben werden.

In der anschließenden Podiumsdiskussion waren sich die Vortragenden einig, dass die Räumung und Sanierung der durch Kampfmittel belasteten Flächen das Land noch viele Jahre beschäftigen werden. Es sei wichtig, schon jetzt über die Priorisierung und Aufgabenteilung zu sprechen. Von entscheidender Bedeutung sei nicht nur die Unterstützung von außen, sondern auch eine bessere Vernetzung innerhalb der ukrainischen Expertencommunity sowie eine stärkere Einbindung der wissenschaftlichen Expertise in die Politikgestaltung.

In seinem Schlussstatement hob Frank Müller, Agrarattaché an der Deutschen Botschaft in der Ukraine, die Relevanz des Themas hervor und betonte, dass die durch den Krieg verursachten Bodenschäden nicht nur die Lebensgrundlage und die Gesundheit der dort lebenden Menschen gefährden, sondern auch schwerwiegende Auswirkungen auf die globale Ernährungssicherheit haben. Trotz großer Herausforderungen gäbe es aber auch Zeichen der Zuversicht, dass es der Ukraine gelingen wird, die durch Kampfmittelbelastung entstandenen Risiken zu minimieren und das Potential der ukrainischen Agrarwirtschaft wiederherzustellen. Deutschland werde die Ukraine auf diesem Wege weiterhin tatkräftig unterstützen.

An der Veranstaltung nahmen insgesamt mehr als 100 Teilnehmenden sowohl aus der Ukraine als auch aus Deutschland teil, darunter Vertretenden von staatlichen Institutionen, Behörden, kommunalen Einrichtungen, wissenschaftlichen Instituten, Hochschulen, Verbänden und Agrarbetrieben. Das große Interesse zeigte sich auch an vielen Fragen an Referenten und regen Diskussionen, welche von Katja Dells, Leiterin des APD-Fachdialogs Boden, moderiert wurden.

Quelle und FotoBVVG;

Datum: 08.09.2023

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